Sven Mislintat plaudert gegenüber der Welt ein bisschen aus dem Nähkästchen. Für die die ihn nicht kennen: Er war von 1998 bis 2017, also fast 20 Jahre lang, (Chef-)Scout bei Borussia Dortmund. Die Bayern haben oft versucht, ihn abzuwerben, der ist nicht irgendwer. Mislintat lockte also 2016 Ous zum BVB. Zu Ous und dem ganzen Krakele von wegen sportlich unreif, jetzt schon gescheitert etc meint er unter anderem:

"Ich finde es total überflüssig, dass dieser Transfer [von Dortmund zu Barca], der sportlich mit Ousmanes großem Anteil am Pokalsieg ein maximaler Erfolg war, immer nur negativ diskutiert wird."

"Ousmane, das habe ich schon häufiger gesagt, ist in gewisser Weise ein Bandit. Wenn man ihn versteht und unterstützt, geht er für einen durchs Feuer. Er nutzt auf dem Platz jeden Raum, um Spiele zu gewinnen. Das hat Dortmund geholfen, erfolgreich zu sein. Es bedeutet aber auch, dass er, wenn er zu Barca will, auch alles dafür tut, um dorthin zu kommen."

"Klubs und Fans müssen aufhören, vom bösen Spieler und dem guten Klub zu kommunizieren. Wir als Klubs kämpfen doch auch mit harten Bandagen untereinander und mit Spielern. Dieses Schwarz-Weiß-Denken muss aufhören."

Ich bin ja nach wie vor von Dembeles Durchbruch bei uns überzeugt und glaube nicht, dass er mit einer "Null Bock"-Einstellung in die Trainingseinheiten und Spiele geht.

Bei uns ist das System von der Wurzel an faul. Die Säulen der Mannschaft können sich nur noch bei wenigen Topspielen motivieren, schalten aber selbst dann bei Führung sofort in Passivität um. Der Versuch, sich mit 60 oder 70 % Leistung gemütlich durchzuwurschteln, die Bewegungslosigkeit der Offensivspieler bei eigenem Ballbesitz und Spielaufbau erstickt viele Angriffe im Keim. Kein Wunder, dass wir kaum noch aus dem Spiel heraus treffen. Gleichzeitig reißt diese Passivität regelmäßig Lücken in die Hintermannschaft, die selbst von einem Tabellenletzten wie Leganés gestern leicht genutzt werden können.

Es ist ein kleines Wunder, dass die herausragenden Fähigkeiten von De Jong auch unter solchen Umständen noch erkennbar sind, auch wenn er natürlich lange nicht so auftritt wie bei Ajax. Für einen Stürmer wie Dembélé (oder Griezmann oder Coutinho) ist es vielleicht noch schwerer, seine Fähigkeiten zu zeigen. Wenn er dann auch nicht der Charakterstärkste ist, wird er dazu neigen, sich dem allgemeinen Schlendrian anzupassen.

Ich kann mir im Augenblick nicht vorstellen, dass überhaupt noch ein neuer Offensivspieler bei uns überzeugen wird, und hieße er Mbappé oder Neymar. Ob Dembélé grundsätzlich der Richtige für Barça ist, lässt sich unter diesen Umständen kaum feststellen, ich habe aber inzwischen mehr Zweifel als Hoffnung.

Bei mir steht der Daumen auf 5:30 Uhr.
Er hat gestern wieder ordentlich Wirbel gemacht und vielleicht wäre dabei auch irgendwann eine Lücke für Messi/Suárez entstanden. Seine eigenen Versuche wirkten eher stümperhaft, immer auf der Suche nach dem Strafraumeck für den Bananenschuss. Klar muss man berücksichtigen, dass er ständig übermotiviert ist, weil er von Verletzungen zurückkommt und keinen Rhythmus hat. Aber seine Entscheidungsfindung wirkt für mich immer noch wie Würfeln und nicht wie Überblick. Auf Ansu Fati zu setzen, wäre ein gewisses Risiko, aber Dembélé ist ja kein geringeres Risiko, kostet nur extrem viel mehr. Bis Ende der Saison hat er Bewährung, wünsche ihm ein paar verletzungsfreie Monate und ein paar gute Spiele - glaube aber ehrlich nicht mehr dran!

dembele-lesiones-620.png - Bild entfernt (keine Rechte)

[Rotura = Riss, Esguince = Zerrung, Sobrecarga = Überlastung]

Es gibt immer noch kein offizielles Communique der Vereinsärzte über einen möglichen Rückkehrtermin. Ich vermute, man will noch externe Experten hinzuziehen. Die Spekulationen schießen natürlich ins Kraut, dieses Jahr sei definitiv nichts mehr zu erwarten. Angeblich hat Ousmane positiv auf die Idee einer Operation geäußert. Ich habe als medizinischer Laie natürlich keinen Schimmer, wie man solche Muskelverletzungen operativ abstellen kann. Er wäre dann auch drei Monate draußen. Laut der katalanischen Fußballpresse hat D seit Monaten seine Ernährung und Lebensweise umgestellt. Es ist schon tragisch, dass er mit Hamburgern und unprofessionellem Lebenswandel in Dortmund brillieren konnte, bei uns aber nicht auf die Beine kommt.

Heute, mit etwas emotionalen Abstand zu den letzten Spielen, würde ich gern erst noch den echten Ousmane Dembélé sehen, bevor ich mich festlege, ob er zu uns passt oder nicht.

EDIT: Da ist nun auch das (sehr kurze) offizielle Communique: Ousmane Dembélé wird bis zu 10 Wochen fehlen (7. Februar). Heißt das nun Operation oder nicht?

Ich finde das einfach nur traurig und Ous tut mir leid. Ihm kann man da nur zu sehr geringen Teilen Vorwürfe machen. Bei Rennes lief es, bei Dortmund lief es, nur bei Barca hat er die Seuche. Er hat ja nicht seinen Spielstil geändert oder markanterweise an Masse gewonnen bzw verloren. Seine Tränen bei der Auswechslung zeigen mir eindeutig, dass der Wille vorhanden ist.

Er hat ja jetzt auch Muskeln zugelegt, zeigt mit vielem, dass er es packen will. Es soll aber immer noch lange Nächte an der Konsole geben. Ich würde ihn gern mal 3, 4 Spiele machen sehen, bevor man entscheidet, ob er im Verein eine Zukunft hat. Wenn man ihn jetzt verkauft, kann man 100 M € in die Tonne kloppen, wer zahlt schon für ein theortisches Talent? Irgendwo hieß es, er falle weitere 15 Tage aus, offiziell ist das nicht.

Die Untersuchungen heute vormittag ergaben einen MuskelfaserRISS!
Das kann wieder Monate dauern :(

Komisch dass er in Dortmund verletzungsfrei war. Vielleicht musste da erst ein gewisser Grad an Beanspruchung der Muskeln zusammenkommen. Oder er hat früher kaum professionell trainiert, so dass die Muskeln gar nicht so beansprucht wurden, wie sonst bei Profi-Fußballern. Irgendwie bewegte er sich aber von Anfang an merkwürdig: einerseits mit irrwitzigen Drehungen im Dribbling, andererseits stolperte er fast über seine eigenen Beine. Ich sehe, ehrlich gesagt, keine Chance mehr auf Happy End und für ihn vielleicht sogar die Invalidität.